B.I.3.1 Innenbereichssatzungen

 

Nach § 34 Abs. 4 S. 1 BauGB kann die Gemeinde durch Satzung die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen (Nr. 1, sog. Klarstellungssatzung), bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Bauflächen dargestellt sind (Nr. 2, sog. Entwicklungssatzung) und einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind (Nr. 3, sog. Ergänzungssatzung).

 

3.1.1 Wesentliche Merkmale

Innenbereichssatzungen sind insbesondere durch die folgenden Eigenschaften geprägt:

  • Die Klarstellungssatzung (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB) dient der Bestimmung der Grenze zwischen Außenbereich (§ 35 Abs. 1 BauGB) und unbeplantem Innenbereich (§ 34 Abs. 1 S. 1 BauGB) und hat daher lediglich deklaratorische Wirkung.
  • Die Entwicklungssatzung (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauGB) ermöglicht die konstitutive Fortentwicklung des unbeplanten Innenbereichs in den angrenzenden Außenbereich.
  • Mittels der Ergänzungssatzung (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB) können arrondierende Außenbereichsgrundstücke mit konstitutiver Wirkung in einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB überführt werden.
  • In der Entwicklungs- und der Ergänzungssatzung können einzelne Festsetzungen nach § 9 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 BauGB getroffen werden (vgl. § 34 Abs. 5 S. 2 BauGB).
  • Nach § 34 Abs. 4 S. 2 BauGB können die drei Satzungstypen miteinander kombiniert werden. In diesem Fall richten sich die Rechtmäßigkeitsanforderungen für die Satzungsverbindung nach der Satzung mit den strengsten Einzelanforderungen.

 

3.1.2 Besonders praxisrelevante Rechtmäßigkeitsanforderungen

3.1.2.1 Formelle Rechtmäßigkeitsanforderungen

Gemäß § 34 Abs. 6 S. 2 BauGB ist bei allen Innenbereichssatzungen der Satzungsbeschluss entsprechend § 10 Abs. 3 BauGB ortsüblich bekannt zu machen. Bei der Aufstellung von Entwicklungs- und Ergänzungssatzungen (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und 3 BauGB) sind darüber hinaus die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 sowie S. 2 BauGB entsprechend anzuwenden (vgl. § 34 Abs. 6 S. 1 BauGB). Nur Ergänzungssatzungen ist nach § 34 Abs. 5 S. 4 Halbs. 2 BauGB schließlich eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a S. 2 Nr. 1 BauGB beizufügen.

3.1.2.2 Materielle Rechtmäßigkeitsanforderungen

Für Klarstellungssatzungen (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB) sieht das BauGB keine besonderen materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen vor. Für Entwicklungs- und Ergänzungssatzungen (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und 3 BauGB) ist nach § 34 Abs. 5 S. 1 BauGB dagegen Voraussetzung,

  • dass sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind (Nr. 1),
  • dass die Zulässigkeit von umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Vorhaben nicht begründet wird (Nr. 2) und
  • dass keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 b) BauGB genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 S. 1 BImSchG zu beachten sind (Nr. 3).

Auf Ergänzungssatzungen, die hinsichtlich ihrer planerischen Funktion Bebauungsplänen am nächsten kommen, sind gemäß § 34 Abs. 5 S. 4 Halbs. 1 BauGB die Regelungen zum Bodenschutz und zum Eingriffsausgleich bei Bebauungsplänen (§ 1a Abs. 2 und 3 BauGB sowie § 9 Abs. 1a BauGB) entsprechend anzuwenden.

3.1.2.3 Fehlerfolgen

Ein Verstoß gegen formelle oder materielle Rechtmäßigkeitsanforderungen führt nur dann zur Nichtigkeit der Innenbereichssatzung, wenn es sich um einen nach § 214 BauGB bzw. Kommunalrecht beachtlichen Fehler handelt, dieser nicht gemäß § 215 BauGB bzw. § 24 Abs. 6 GemO unbeachtlich geworden ist und auch kein ergänzendes Verfahren zur Heilung des beachtlichen (bau- oder kommunalrechtlichen) Fehlers nach § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführt wurde.


3.1.3 Steuerungspotential im Hinblick auf die Umsetzung klima- und energiepolitischer Zielsetzungen

Das Steuerungspotential der verschiedenen Arten von Innenbereichssatzungen im Hinblick auf die Umsetzung klima- und energiepolitischer Zielsetzungen ist unterschiedlich. Klarstellungssatzungen (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauGB) vermögen aufgrund ihrer rein deklaratorischen Wirkung keine Steuerungsimpulse zu geben.

Anders verhält es sich bei den Entwicklungs- und Ergänzungssatzungen (§ 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und 3 BauGB), die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 BauGB enthalten dürfen. Dabei kann es sich insbesondere auch um Festsetzungen zu Klimaschutz, Energie und Klimawandelanpassung handeln. Durch die gesetzlich vorgegebene Begrenzung auf „einzelne“ Festsetzungen wird die klima- und energiepolitische Steuerungswirkung allerdings wohl regelmäßig limitierter als bei den insoweit selbst nur begrenzt steuerungsgeeigneten Bebauungsplänen sein.