Durch eine Pflicht zur Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und ein Beitrag zum Klimaschutz erreicht werden.
Im gesamten räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans ist bei der Errichtung von Gebäuden auf mindestens 60 Prozent der Solarinstallations-Eignungsflächen im Sinne des Landessolargesetzes Rheinland-Pfalz vom 20.09.2021 eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung zu installieren.
Die Pflicht zur Installation einer Photovoltaikanlage auf Dachflächen kann ersatzweise – ganz oder anteilig – auch durch Installation von Photovoltaikanlagen auf sonstigen zur Solarnutzung geeigneten Außenflächen eines Gebäudes (z. B. Fassaden) oder durch Installation einer solarthermischen Anlage zur Wärmeerzeugung auf der für eine Solarnutzung geeigneten Dach- oder sonstigen Außenfläche eines Gebäudes erfüllt werden.
Rechtsgrundlage der Festsetzung einer Pflicht zur Installation von Anlagen zur Erzeugung und Nutzung solarer Energie ist § 9 Abs. 1 Nr. 23 b) BauGB. Nach dieser Vorschrift können Gebiete festgesetzt werden, in denen bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen. Diese Festsetzungsmöglichkeit verpflichtet daher zur Vornahme bestimmter Maßnahmen bei der Errichtung von Gebäuden und sonstiger baulicher Anlagen, die vom Plangeber konkret zu bestimmen sind.
Die Begründung der Festsetzung einer Pflicht zur Installation von Solaranlagen muss auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse angepasst werden. Eine allgemeingültige Muster-Begründung kann es nicht geben. Zur Begründung kann jedoch auf gesetzlich ausdrücklich geregelte städtebauliche Leitziele bzw. öffentliche Belange Bezug genommen werden. Die Festsetzung zur Installation von Photovoltaikanlagen dient der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung (§ 1 Abs. 5 S. 1 BauGB) und dem Klimaschutz (§§ 1 Abs. 5 S. 2, 1a Abs. 5 BauGB). Die Festsetzung entspricht den bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigenden Belangen der Nutzung erneuerbarer Energien (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 f BauGB) und der Versorgung mit Energie, einschließlich der Versorgungssicherheit (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 e BauGB). Da die städtebauliche Rechtfertigung auf die jeweilige Planungssituation auszurichten und zu beziehen ist, können weitere öffentliche Belange bestehen, die die Festsetzung städtebaulich stützen.
Die städtebauliche Begründung kann durch ein kommunales Klima- und Energiekonzept bzw. ein von der Gemeinde beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept (§ 9 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) wesentlich unterstützt werden.
Zu den in der Festsetzung verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffen sollte aus Gründen der Rechtssicherheit in der Festsetzung selbst und/oder in der Begründung näher ausgeführt werden. Bei der Festsetzung zur Photovoltaikpflicht erfordert dies vor allem Ausführungen zum Verständnis der Begriffe Dachfläche und der für eine Solarnutzung geeigneten Dachfläche. Welche Begrifflichkeiten verwendet werden, ist rechtlich nicht vorgegeben. Maßgeblich ist vielmehr, dass die (textliche) Festsetzung dem Gebot der Bestimmtheit planerischer Festsetzungen genügt. Das Gebot der Bestimmtheit planerischer Festsetzungen verlangt, dass sich Inhalt, Umfang und Reichweite der einzelnen Festsetzungen aus dem Bebauungsplan eindeutig feststellen und erkennen lassen.[1] Textliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan können auch mit unbestimmten Rechtsbegriffen getroffen werden, wenn sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt.[2]
Gemessen daran muss die Bezugsfläche zur Ermittlung der Mindest-Photovoltaikpflicht so klar und bestimmt sein, dass der Bürger erkennen kann, was von ihm erwartet wird. Als Hilfe für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe kann typischerweise die Begründung des Bebauungsplans herangezogen werden;[3] zulässig ist beispielsweise auch der Verweis auf Rechtsnormen bzw. Regelwerke, in denen die Begriffe bereits hinreichend bestimmt definiert sind.
Die Begrifflichkeiten bzw. Anforderungen an für eine Solarnutzung geeignete Dachflächen werden von Gemeinden in der Praxis sehr unterschiedlich definiert. Soweit die Begriffe hinreichend bestimmt und die Festsetzungen dem Abwägungsgebot entsprechen, ist gegen unterschiedliche Vorgehensweisen nichts einzuwenden. Gemeinden können es sich aber auch deutlich einfacher machen, in dem sie sich an Rechtsvorschriften orientieren, die eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen regeln. Anderorts bereits vorhandene Regelungen und Begriffsbestimmungen können, etwa durch Übernahme oder Inbezugnahme in die Festsetzung bzw. deren Begründung, auch für Bebauungspläne fruchtbar gemacht werden. Mit dem am 06.10.2021 in Kraft getretenen Landessolargesetz und der seit dem 01.01.2023 gültigen Landesverordnung zur Durchführung des Landessolargesetzes (LSolarGDVO) vom 15.12.2022 existieren auch in Rheinland-Pfalz bereits eingehende Vorschriften, die sich mit der Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen beschäftigen. Vorteil der Anlehnung an solche Regelungen ist auch, dass die an Bauvorhaben beteiligten Personen (insb. Bauaufsichtsbehörden, Kommunen, ArchitektInnen, IngenieurInnen und BauherrInnen) auf eine gewisse Erfahrung im Umgang mit entsprechenden Vorgaben in Bebauungsplänen zurückgreifen können und dies bestmöglich auch der Vereinfachung und Beschleunigung von Bauantragsverfahren dienen kann. Zulässig wäre es aber auch, sich an Regelungen anderer Bundesländer zu orientieren. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat etwa seine Mindestanforderungen der auf Landesebene eingeführten Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen beim Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden (§ 23 KlimaG BW) in einer Rechtsverordnung näher geregelt.[4]
Das hier aufgeführte Festsetzungsbeispiel nimmt – entsprechend dem LSolarG und der auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung – auf die sog. „Solarinstallations-Eignungsflächen“ Bezug. Diese Flächen werden in § 3 Nr. 5 LSolarG definiert; weitere Anforderungen werden in der LSolarGDVO festgelegt.
Da das Landesrecht in Rheinland-Pfalz eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen nur für gewerblich genutzte Neubauten und gewerblich genutzte neue Parkplätze vorsieht, erlangen in Rheinland-Pfalz Festsetzungen zu einer Mindestpflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen vor allem in Gebieten an Bedeutung, in denen Wohngebäude zulässig sind. Allerdings kann bei entsprechender städtebaulicher Begründung und unter Beachtung des Angemessenheitsgrundsatzes auch eine Photovoltaikpflicht auf gewerblich genutzten Gebäuden festgesetzt werden, die über die Anforderungen des Landessolargesetzes hinausgehen.
Die Regelungen zur ersatzweisen Erfüllung der Photovoltaikpflicht auf Dachflächen durch die Installation an sonstigen Außenflächen von Gebäuden, insbesondere Fassaden, oder/und durch Solarthermieanlagen soll den Bauherrn vielseitige Möglichkeiten bei der technischen und wirtschaftlichen Ausgestaltung der Nutzung von Solarenergie belassen. Solche Alternativ- oder Ersatzregelungen, aber auch Ausnahmen, etwa mit Blick auf die Unzumutbarkeit der Festsetzung aus wirtschaftlichen Gründen, dienen letztlich insbesondere dem Gebot der Verhältnismäßigkeit planerischer Festsetzungen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB sind „Gebiete“ zu bestimmen, in denen die auf der Grundlage der Nr. 23 a), b) und c) möglichen planungsrechtlichen Vorgaben zu beachten sind. Die Festsetzungen können für den gesamten räumlichen Geltungsbereich oder auch nur für Teile des räumlichen Geltungsbereichs getroffen werden. Die Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs der Festsetzung ist städtebaulich zu begründen.
Die allgemeinen Anforderungen an planerische Festsetzungen sind bei Festsetzungen zur Pflicht zur Vornahme von Maßnahmen, die dem Einsatz erneuerbarer Energien oder der Kraft-Wärme-Kopplung dienen, in der jeweiligen konkreten Planung zu beachten. Die Festsetzung muss in der konkreten Planungssituation und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse erforderlich sein. Dies umfasst insbesondere auch die Prüfung, ob die Vorgaben unter Beachtung der Planungssituation, der sonstigen planungsrechtlichen und ggfs. bauordnungsrechtlichen Festsetzungen sowie bestehender Pflichten des Energiefachrechts durchführbar sind. Die Festsetzung zur Photovoltaikanlagenpflicht muss geeignet sein, die städtebaulichen Ziele zu erreichen. Sie muss zudem unter Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen verhältnismäßig sein muss. Dies gebietet insbesondere, ob die Pflichterfüllung mit einem unverhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Aufwand verbunden wäre.
Die für die Festsetzung einer Photovoltaikanlagenpflicht zur Verfügung stehende Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 23 b) BauGB schränkt den möglichen Regelungsinhalt ein. Die Festsetzungen müssen sich auf die Errichtung von Gebäuden und bestimmter sonstiger baulicher Anlagen beziehen. Sie können nicht auf bereits errichtete bauliche Anlagen und auch nicht auf Vorhaben gerichtet sein, die die Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen zum Gegenstand haben. Ob daher Um- und Ausbauten größeren Umfangs eines bestehenden Gebäudes, die die Identität eines vorhandenen Gebäudes wesentlich verändern (z. B. Bau neues Dach nach Aufstockung oder Ausbau Dachgeschoss), der Errichtung gleichzustellen sind, ist fraglich. In der Literatur wird dies teilweise so vertreten.[5] Das bauplanungsplanungsrechtliche Verständnis der Begriffe „Errichtung“ und „Änderung“ im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB spricht aber eher dagegen. Auch eine umfangreiche Umgestaltung eines Gebäudes stellt im gewöhnlichen bauplanungsrechtlichen Verständnis keine Errichtung, sondern eine Änderung einer baulichen Anlage dar.[6] Bei Erweiterung eines Gebäudes kann die Verpflichtung aber zu beachten sein, soweit hierdurch eine neue zur Solarnutzung geeignete Dachfläche entsteht.
Soweit die Pflicht zur Installation von Anlagen zur Erzeugung solarer Energie (auch) auf sonstige bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, bezogen werden soll, müssen diese sonstigen baulichen Anlagen in der Festsetzung konkret bestimmt werden (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 23 b) BauGB: „bestimmte sonstige bauliche Anlagen“).[7]
Die Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 b) BauGB beinhaltet keine Pflicht zum Betrieb der Energie- bzw. Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen.[8] Die Vorschrift kann auch nicht als Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Anschluss- und Benutzungszwangs herangezogen werden.[9] Durch Bebauungsplan kann auch nicht vorgeschrieben werden, wie die erzeugte Solarenergie einzusetzen ist (z. B. Eigenverbrauch oder/und Einspeisung in öffentliches Netz).
Sofern neben der Photovoltaikpflicht durch den Bebauungsplan auch eine Pflicht zur Dachbegrünung festgesetzt werden soll, muss dies in der Abwägung nach §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB berücksichtigt werden. Die Kombination einer Photovoltaikanlage mit einer Dachbegrünung ist technisch möglich. Eine Dachbegrünung kann auch für den Grundstückseigentümer von Vorteil sein (z. B. Retentionsfunktion, Lokalklima, positive Effekte auf Leistungsfähigkeit der Photovoltaikanlage). Sofern nach den Festsetzungen zu erwarten ist, dass die Dachbegrünungspflicht auch auf Flächen umzusetzen ist, auf denen die Photovoltaikpflicht zu erfüllen ist, kann die Festsetzung zur Photovoltaikpflicht vorsehen, dass sich die mit der Photovoltaikanlage zu belegende Mindestfläche um einen gewissen Umfang reduziert. So kann insbesondere den Interessen der Grundstückseigentümer zur Möglichkeit der angemessenen Pflege und Wartung der begrünten Flächen Rechnung getragen werden. Ob die Kombination von Photovoltaik- und Dachbegrünungspflicht aber wie etwa nach der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung des Landes Baden-Württemberg eine Reduktion des Umfangs der Photovoltaikmindestfläche um die Hälfte erfordert, ist in der konkreten Planungssituation zu prüfen und wohl auch vom den jeweiligen Stand der Technik abhängig zu machen.
Die Errichtung und Nutzung von Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung werden ausdrücklich als Regelungsgegenstand eines städtebaulichen Vertrages benannt (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BauGB). Städtebauliche Verträge erlauben oft eine effektivere Umsetzung der städtebaulichen Ziele einer Kommune; vor allem durch Vereinbarungen, die durch Bebauungsplan mangels Rechtsgrundlage nicht zulässig sind. Städtebauliche Vereinbarungen zu einer Photovoltaikpflicht haben gegenüber einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 b) BauGB vor allem den Vorteil, dass die Vertragspartner der Gemeinde auch zum Betrieb bzw. zur verbindlichen Nutzung der Solarenergie verpflichtet werden können. Zudem kann grundsätzlich auch die Verwendung der erzeugten Energie geregelt werden. Allerdings sind auch Regelungen in städtebaulichen Verträgen nicht grenzenlos möglich (siehe oben ® B.I.2.2.2 = S. 32). Zu beachten ist insbesondere das Angemessenheitsgebot nach § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB, was keine allgemeine Beurteilung erlaubt, sondern stets eine Bewertung des Einzelfalls erfordert. Denn das Angemessenheitsgebot stellt nicht auf die Angemessenheit der einzelnen Vereinbarung, sondern darauf ab, dass die vereinbarten Leistungen „den gesamten Umständen nach angemessen“ sind.
[1] VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.05.2001 – 5 S 901/99 –, NVwZ-RR 2002, 556.
[2] BVerwG, Beschluss vom 24.01.1995 – 4 NB 3/95 –, NVwZ-RR 1995, 311.
[3] BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 – 4 C 17.82 –, BVerwGE 68, 369.
[4] § 4 PVPf-VO BW.
[5] Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 2, Stand: Mai 2023, § 9 Rn. 975; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 9 Rn. 135.
[6] Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2022, § 29 Rn. 43 ff.
[7] Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2022, § 9 Rn. 197b.
[8] Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 9 Rn. 137 m. w. Nachw.
[9] Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 9 Rn. 138. Eine Rechtsgrundlage zur Festsetzung eines Anschluss- und Benutzungszwangs in einem Bebauungsplan besteht auch ansonsten nicht; in Betracht kommt aber eine Regelung durch Satzung auf der Grundlage von § 26 GemO i. V. m. § 109 GEG.